Am 08. September 2017 fand zum 30-jährigen Jubiläum der AIDS-Hilfe Paderborn vormittags ein Fachtag unter dem Motto „HIV und Aids“ und abends ein Empfang zum Jubiläum und anschließend eine XXL-Version des traditionellen Sommerfests der AIDS-Hilfe Paderborn in der Kulturwerkstatt in Paderborn statt.
2017 ist für die AIDS-Hilfe in Paderborn ein Jubiläumsjahr. Vor dreißig Jahren wurde sie in den Hochzeiten der Aidskrise gegründet. Obwohl der Verein große Erfolge in dieser Zeit nachweisen kann, so ist der Umgang mit HIV auch in Paderborn häufig von Unsicherheit und Angst geprägt. Die daraus resultierende Diskriminierung von Menschen mit HIV schadet den Betroffenen und hält Menschen vom HIV-Test ab. Nicht zuletzt deshalb war es uns wichtig, mit einem Fachtag Menschen mit unseren Anliegen zu erreichen.
Nach einem Come together mit Stehcafé begrüßte die Paderborner Künstlerin* Carsta charmant und mit Witz die zahlreichen anwesenden Gäste. Carsta begleitete den ganzen Tag über in unverwechselbarer Weise, scharfzüngig aber herzlich und einnehmend, die Veranstaltungen. Es waren neben Mediziner_innen auch Kolleg_innen aus befreundeten Einrichtungen, Ehrenamtliche, Klient_innen und weitere Freund_innen der AIDS-Hilfe anwesend, um den Fachvorträgen und Interviews zu folgen.
In einem ersten Vortrag widmete sich Prof. Dr. med. Georg Behrens, der in Hannover in der HIV-Forschung aktiv ist, dem Thema Zukunft der HIV-Medizin. Mit viel Humor zeigte er den aktuellen Wissensstand im Bereich HIV auf und erklärte, warum es heute“Leben mit HIV“ anstatt „Sterben an Aids“ heißen muss. Er erläuterte die Zukunftsperspektiven von Menschen mit HIV, wies aber darauf hin, dass auch heute noch in Deutschland Menschen an Aids versterben und immer wieder starke Aids-Symptome zum Alltag gehören. Die medizinische Entwicklung mit neuen Behandlungsmöglichkeiten waren ebenso Thema wie die Heilung. Hier erklärte Behrens gekonnt am Beispiel der Mondlandung, dass einmal geglückte Erfolge wie der des geheilten „Berliner Patienten“, nicht ohne Weiteres wiederholbar sind und machte klar, dass Heilung immer noch schwerig ist.
Dem Vortrag folgte ein Interview zum Thema „Zukunft von HIV“ mit Patrik Maas, dem Geschäftsführer der Aidshilfe NRW.
In einem weiteren Vortrag befasste sich Dr. med. Doris Reichelt, die als Oberärztin in der Ambulanz für erworbene Immunschwäche in Münster tätig ist, mit dem Thema Frauen und HIV. Ein wichtiges Thema, schließlich sind weltweit mehr Frauen als Männer von einer HIV-Infektion betroffen. Reichelt stellte heraus, dass es diverse Unterschiede zwischen Männern und Frauen im Bezug auf HIV gibt, nicht nur im genetischen und biologischen Bereich. Unter anderem sprach sie über den Einfluss von weiblichen Hormonen auf das Virus. Mit vielen Beispielen berichtete sie über die Situation von HIV-positiven Frauen, die Beratung und Begleitung bei Schwangerschaft und Geburt benötigen und stellte heraus, dass Fachärzt_innen hier oft trotz unbedingter Notwendigkeit versäumen, mit den Frauen über Sexualität zu sprechen- nicht nur auf dem Land.
Alexandra Frings aus Aachen stellte sich danach dem Interview und berichtete zum Thema Frauen und HIV aus ihrer Sicht als HIV-positive Frau und Aktivistin in diesem Bereich.
Dipl.-Med. Karl-Heinz Hey, der in Borchen- Alfen neben seinen anderen Patient_innen etwa 65 Menschen mit HIV behandelt, zeigte in einem nächsten Vortrag seine Sicht auf die Lage von Menschen mit HIV auf dem Land auf. Er erläuterte, dass nicht nur die Versorgung HIV-positiver Menschen auf dem Land, sondern insgesamt die medizinische Versorgung in der Fläche schwierig ist. Mit Beispielen aus seiner Praxis zeigte er die oft schwere Situation für Geflüchtete/Asylbewerber_innen auf dem Land auf. Auch zum Thema Hepatitis C nahm der Arzt Stellung , der auch drogengebrauchende Menschen substituiert und in der Detmolder Justizvollzugsanstalt Menschen mit einer HIV und/ oder HCV-Infektion behandelt.
Nach einem gemeinsamen Mittagessen endete der Fachtag, den die Teilnehmenden als gewinnbringend und interessant beschrieben.
Am Abend konnten Vorstand und Team dann Gäste aus nah und fern zum XXL-Sommerfest begrüßen. Natürlich gehörte zum Programm auch verschiedene Danksagungen an die ehemaligen sowie aktuellen hauptberuflichen Mitarbeitenden, aber auch die Ehrenamtlichen des Vereins, die schließlich in den dreißig Jahren die Arbeit trugen. Nach Grußworten und Glückwunsch-Videobotschaften folgte dann ein buntes Programm, ebenso von der grandios aufgelegten Carsta moderiert.
In einem Poetry Slam stellten sich gleich drei Paderborner Frauen dem Publikum: NaDu (Nadine Dubberke), Romina Kehl und Evgeije Kosov begeisterten mit witzigen bis nachdenklichen Texten, die manchen Lacher aber auch manchmal nur Schmunzeln bei den Zuhörenden verursachten.
Es folgte ein bunter Strauß voll Travestie mit durchaus gewollt doppeldeutig-anzüglichen Liedern der Bielefelder Künstler*in Camilla Bee, die in verschiedenen aufwändigen Kostümen Charme und Humor versprühte. Die Texte lieferten Material für das Trainieren der Lachmuskeln, während Camillas unglaublich lange Beine nicht nur die anwesenden Frauen neidvoll schauen ließen. In ihrer Umziehpause konnten die Zuschauenden einen witzigen Kurzauftritt des Bielefelder Herzenslust Teams genießen, die ihre Präventionsbotschaft zum Thema „Sex unter Therapie“ in bunten Flower Power Outfits zum Ausdruck brachten.
Rund machten den Abend die traditionelle Tombola mit vielen Preisen (insbesondere T-Shirts und Butterbrotdosen waren in schier unendlicher Zahl vorhanden), Grillwürste mit Salat und eine Fotobox, mit der Bilder für das Gästebuch geschossen werden konnten.
Bis in den neuen Tag wurde dann noch weiter gefeiert, gelacht, erinnert, gedacht, genossen und getanzt.
Eindrücke vom Fest finden Sie in der Galerie.