„Wir passen nicht in eure Schubladen!“
Frauen mit HIV wehren sich gegen Vorurteile

Frauen mit HIV stoßen im Gesundheitswesen leider immer wieder auf Vorurteile und negative Zuschreibungen oder sie bekommen von medizinischem Personal unangemessene Fragen nach Infektionswegen zu hören.“ Das kritisiert Birgit Körbel von der Aidshilfe Köln, eine der beiden Sprecherinnen von XXelle PLUS, dem Zusammenschluss HIV-positiver Aktivistinnen in NRW. „Sexualität wird oft nicht thematisiert“, sagt Körbel. „Wäre es selbstverständlicher, offen und vertrauensvoll auch über Sex und sexuell übertragbare Infektionen zu sprechen, könnte manche Diagnose deutlich früher gestellt werden und Frauen könnten die Informationen erhalten, die sie benötigen, um damit gut umgehen zu
können“, ist sie überzeugt.

Rund 20 Prozent der in Deutschland lebenden HIV-positiven Menschen sind Frauen und zu viele erfuhren erst spät von ihrer Infektion. Die Aktivistinnen von XXelle PLUS haben es sich zum Ziel gemacht, auf die Belange dieser Frauen aufmerksam zu machen und ihre Interessen stärker in den Fokus zu rücken. Deshalb haben sie im Sommer 2022 eine Solidaritätskampagne gestartet, die sich zunächst an die HIV-Community und Mitarbeitende in Aidshilfen richtete. Unter dem Motto „HIV ist auch weiblich“ warben sie um Unterstützung und forderten, dass ihre Themen konsequenter mitgedacht werden – auch bei der Verteilung von Ressourcen. „Das Feedback aus der Community war toll und hat uns bestärkt, weiterzumachen“, sagt Alexandra Frings von der Aidshilfe Aachen, die zweite Sprecherin von XXelle PLUS.

Anlässlich des Welt-Aids-Tags am 1. Dezember geht die Kampagne nun in die zweite Runde – mit einer Postkarten- und Plakataktion. „Wir wollen uns diesmal an Menschen im Gesundheitssystem wenden“, erklärt Körbel. Das Motto lautet: „Wir passen nicht in eure Schubladen!“ Postkarten mit diesem Aufdruck sind auf dem Weg zu Haus- und Zahnärzt*innen, zu Gynäkolog*innen und Hebammen, zu Kliniken und Gesundheitsämtern. Um HIV-Spätdiagnosen künftig zu vermeiden, müsse das medizinische Personal hier besser ausgebildet werden und Fortbildungen wahrnehmen, um sich über aktuelle Forschungsergebnisse auf dem Laufenden zu halten, fordern die Aktivistinnen von XXelle PLUS. „Die aktuellen Deutsch-Österreichischen Leitlinien sollten den Ärzt*innen bekannt sein“, sagt Frings. Besonders relevant sei das für den Themenkomplex Schwangerschaft, Geburt und Stillen. Es gebe noch zu viele HIV-positive Schwangere, die nicht die ärztliche Betreuung bekämen, die sie sich wünschen. Ebenfalls wichtig sei es, Frauen über die Möglichkeiten der PrEP zu informieren, das ist die prophylaktische Einnahme von antiretroviralen Medikamenten, um eine HIV-Übertragung zu verhindern, wenn eine Einnahme in ihrer Lebenssituation sinnvoll sein könnte. Um zu verdeutlichen, welches Schubladendenken auch heute noch verbreitet ist, haben einige der XXelle PLUS-Aktivistinnen
zusammengetragen, in welche Schubladen sie schon gesteckt werden sollten und welche Vorurteile und Zuschreibungen ihnen immer wieder begegnen. Unter anderem geht es um unterstellten Substanzkonsum, die Angst vor einer vermeintlichen Gefahr, die von den Frauen als Partnerinnen ausgeht oder um direkte und indirekte Schuldzuweisungen.
Oftmals ist nicht bekannt, dass bei einer wirksamen Therapie das Virus auch beim Sex ohne Kondom nicht übertragen werden kann.

Statements und Forderungen finden Sie unter xxelle-nrw.de